aus "Triumph-Motorräder" 1903 - 1957"
von Stefan Knittel

 

Der Nürnberger Kaufmann Siegfried Bettmann war 1884 nach England ausgewandert, um sich dort mit der Ein- und Ausfuhr von Maschinen und Fahrrädern zu beschäftigen. Angesichts der ungeheuren Nachfrage für die modernen »Drahtesel« zog er 1889 in Coventry eine eigene Fertigung auf. Den Markennamen Triumph wählte er wegen des international verständlichen Ausdrucks, denn seine Fahrräder sollten auch in den Ländern des Kontinents verkauft werden.

Zur Ausweitung der Produktionskapazität gründete Bettmann 1896 in seiner früheren Heimatstadt Nürnberg zusammen mit Investoren aus dem örtlichen Handel und der Industrie eine Tochtergesellschaft. Anfang 1897 nahm die »Deutsche Triumph-Fahrrad-Werke AG« in der Fürther Straße ihre Tätigkeit auf.

Sechs Jahre später folgten die Nürnberger wiederum einem Beispiel aus Coventry und begannen auch mit der Herstellung von Motorrädern. Die ersten Modelle unterschieden sich noch kaum von Fahrrädern; in den verstärkten Rahmen saßen Motoren von Minerva aus Belgien, Fafnir aus Aachen oder aus der englischen Triumph-Palette. Die anfängliche Motorradbegeisterung flaute indessen zumindest in Deutschland nach wenigen Jahren wieder ab. Die Triumph-Motorräder mit ihren 2 3/4, 3 und 3 1/2 PS starken Einzylindermotoren (Hubraum zwischen 300 und 550 ccm) sowie dem 5 PS-V-Zweizylinder hatten es bereits auf eine Wochenproduktion von 25 Stück gebracht, doch musste 1907 die Herstellung wegen zu geringer Nachfrage wieder eingestellt werden. Einen neuen Geschäftszweig bauten sich die Nürnberger 1909 mit der Herstellung von Schreibmaschinen auf. Der Firmenname änderte sich daraufhin ebenfalls: Er lautete jetzt Triumph Werke Aktiengesellschaft, Nürnberg.

In England verlief die Entwicklung völlig anders. Die Triumph Cycle Company war nach kurzer Zeit zum Marktführer der Motorradbranche aufgestiegen. Zu dem robusten hubraumstarken Viertakter gesellte sich ab 1913 ein simpel aufgebautes Zweitaktmodell, von dem ein Musterexemplar auch nach Nürnberg geliefert wurde. Dort sah man gute Chancen für diese neue Art von leichten Motorfahrzeugen, doch diesbezügliche Produktionsplanungen für 1914/15 durchkreuzte schließlich der Ausbruch des 1. Weltkrieges.

Als Triumph Knirps mit einer Motorleistung von 3 PS bei einem Zylinderinhalt von 276 ccm und einem angebauten Zweiganggetriebe erschien die überarbeitete Nürnberger Ausführung im Jahr 1919 als eines der ersten Zweitaktmotorräder auf dem deutschen Markt. Die rot lackierte Maschine mit dem vernickelten zylindrischen Tank, der unter dem Rahmenoberrohr eingehängt war; wurde zunächst mit Skepsis betrachtet, konnte sich aber dann durch die in Sportveranstaltungen bewiesene Zuverlässigkeit schnell durchsetzen. In knapp vier Jahren brachte es die Knirps auf 4300 Exemplare. Für 1924 gab es dann gleich mehrere Neuheiten. Das Modell KK wartete als Nachfolger der Knirps nun mit einem Hubraum von 298 ccm auf; anstelle der außenliegenden Schwungscheibe gab es in einem vergrößerten Gehäuse laufende Kurbelwellen-Hubscheiben. Im bisherigen Fahrgestell war die KK bereits 1923 erhältlich, jetzt wies sie aber ein zweites horizontales Rahmenrohr; einen dazwischengeschobenen, kantigen Tank, eine Druid-Trapezgabel statt der bisherigen Pendelgabel und eine Klotzbremse am Vorderrad auf.

Eine Programmerweiterung stellten die Modelle S und T dar; die beide mit Viertakt-Einzylindermotoren von Triumph-Coventry ausgestattet waren. Für die Sportmaschine war dies eine ohv-Version mit vier Ventilen im Zylinderkopf und einem Hubraum von 499 ccm, das Tourenmodell kam mit dem vieltausendfach bewährten seitengesteuerten 550er aus. Passend zu diesen Motorrädern fanden sich auch ein Sport- und ein Limousinen-Seitenwagen der Münchener Firma ADKA im Triumph-Katalog.

Die Weiterentwicklung Knirps KIII löste Mitte 1926 die Knirps KK ab. Der Zylinderinhalt war auf 250 ccm reduziert worden, wohl auch um im Wettbewerbseinsatz statt in der 350er- in der Viertelliterklasse starten zu können. Der Motor wies nun wieder die außenliegende Schwungscheibe auf, hinzu kam aber ein Dreiganggetriebe und eine Kette anstelle des Riemenantriebs zum Hinterrad. Nur mehr als Viertakter - die mit Trommelbremse am Hinterrad und abgeschrägtem Tank modernisierte Tourenmaschine hieß T II - stand sie 1927 im Programm. Ein Jahr später hatte sie nur mehr 500 ccm Hubraum und hieß T III .Als K IV und K V unterschieden sich die analog verbesserten Zweitaktmodelle 1928 nur durch Ausstattungsmerkmale wie Auspuffanlage oder Fußrasten statt Fußbrettern.

Die neue Führerschein- und auch Steuerfreiheit für 200-ccm-Motorräder ab 1. April 1928 verhalf der deutschen Motorradindustrie zu einem gehörigen Aufschwung. Triumph wandelte für die Modelle K 6 und K 7 dazu die beiden vorhandenen 250er ab. Für 1929 gab es dann unter den Typenbezeichnungen K 8 bis K11 jeweils zwei Modelle mit den bekannten Ausstattungsunterschieden in 200- und 300-ccm-Ausführung. Ein flacher Satteltank löste den altmodisch gewordenen Stecktank ab; diese Änderung galt auch für die T 4, die nunmehr den neuesten Halbliter-sv-Motor aus Coventry besaß.

Mit über 13500 Motorrädern nahm Triumph 1928/29 den dritten Rang unter den deutschen Herstellern ein, hinter DKW und Zündapp. Während die Zweitaktmodelle bestens liefen, gab es in höheren Hubraumklassen keine richtige Weiterentwicklung, da man an die Zulieferungen aus Coventry gebunden war Die Triumph Cycle Company hielt zwar keine finanzielle Beteiligung mehr am Nürnberger Unternehmen, war jedoch durch die verschiedensten Verträge noch mit ihr verflochten. So stammten die Viertaktmodelle in ihren Hauptbestandteilen aus England, und im Gegenzug durften die Nürnberger auch im Export den Namen Triumph verwenden. Als Bindeglied zwischen beiden Firmen galt bis Anfang 1929 Carl Schwemmer; Nürnbergs Generaldirektor; der zuvor Bettmanns Vertreter für Kontinentaleuropa war. Nach seinem Rücktritt kam eine Kontaktaufnahme mit Motosaccoche in der Schweiz zustande, wo ein wesentlich größeres Programm an Viertakt-Einbaumotoren zu günstigeren Preisen zur Verfügung stand. Im 1930er Programm fanden sich dann bereits die ersten neuen Viertakt-Triumph mit M.A.G.-Motoren: SSK 350 ohv, T 350 und T 500 wechselgesteuert und RR 750 mit dem ebenfalls wechselgesteuerten V-Zweizylinder.

Aus Coventry wurde ein Gerichtsverfahren angestrengt, die Benutzung des Markennamens Triumph betreffend. Die Nürnberger Triumph-Motorräder mussten daraufhin im Ausland unter einem neuen Namen verkauft werden. Zunächst lautete dieser »Orial«, aber auf den Protest einer französischen Firma gleichen Namens hin, schrieb man ab 1931 die Abkürzung TWN (Triumph Werke Nürnberg) auf Tanks und Kataloge.

Wie bei der Konkurrenz ging auch bei Triumph in diesen Wirtschaftskrisenjahren der Absatz stark zurück. In der hartumkämpften 200ccm-Klasse wurde mit einem vielfältigen Modellangebot versucht, Boden gutzumachen. Den modernisierten SK und KV 200 folgten BL 170 , RL 30 und Noris 200, an denen bereits Verfeinerungsarbeiten des 1931 von NSU gekommenen neuen Chefkonstrukteurs Otto Reitz zu sehen waren. Eine bessere Vorverdichtung im Kurbelhaus brachte mehr Drehmoment bei gleichzeitiger Reduzierung des Verbrauchs, Leichtmetall-Zylinderköpfe verbesserten die Kühlung. Eine vollständige Neukonstruktion stellte die 200 K dar: längslaufende Kurbelwelle, angeflanschtes Vierganggetriebe, Kardanantrieb zum Hinterrad und ein Doppelrohrrahmen.

Eine Programmabrundung boten die Motorfahrräder mit den 74- und 98-ccm-Einbaumotoren von Fichtel & Sachs. Aber auch am anderen Ende der Palette schritt die Entwicklung voran: Die Modelle TM 500 , STM 500 und Kongreß 350 wiesen nunmehr eigene Motoren auf, die in Nürnberg unter M.A.G. Lizenz gefertigt wurden. Otto Reitz präsentierte 1936 mit den Modellen B 200 und S 350 moderne Zweitaktkonzepte nach seinen Vorstellungen. Die aufgeräumt wirkende Blockbauweise mit Vierganggetriebe und der Verzicht auf Spitzenleistung zugunsten höchster Laufkultur und Wirtschaftlichkeit sollte die Triumph-Motorräder für die nächsten Jahre charakterisieren. Die zumeist rot lackierte und mit hochgelegter Auspuffanlage gelieferte 350-ccm-Maschine stellte eine ernsthafte Alternative zu den etablierten Viertaktmodellen ihrer Klasse dar. Selbst die für 1937 überarbeitete S 500 mit dem deutlich leistungsstärkeren ohv-Motor stand in der Publikumsgunst hinter dem anspruchslosen Zweitakter zurück.

Die beiden Flachkolbenmotoren erschienen 1938 im geänderten Fahrgestell mit Stahlblech-Rückgrat unter dem Tank, verschraubt statt gemufft und gelötet sowie mit einer Press-Stahl-Trapezgabel. Zusätzlich gab es für die neue Führerscheinklasse IV eine 250-ccm-Version. Überhaupt galt das Augenmerk den neuen Hubraumklassen, denn ein Jahr später stellte Otto Reitz den Typen B 204, B 254 und B 350 interessante Neukonstruktionen mit walzengesteuertem Drehschiebereinlass zur Seite. Die B 125 behielt die Triumph-Kreuzstromspülung mit Flachkolben bei, die BD 250 dagegen wartete mit einer Doppelkolben-Gleichstromspülung auf. Von diesen beiden Motorrädern kamen nicht mehr viele zur Auslieferung an Zivilkunden, aber nach Kriegsbeginn konnte die Produktion noch bis 1943 weitergeführt werden, da sich die verschiedensten Behördendienststellen für die enorm leistungsfähigen Motorräder interessierten. Mit ihren 4,2 bzw. 12 PS waren die beiden Drehschiebermotoren in der Tat Klassenbeste.